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Mode in Bewegung

AREAaczZeitgeschichte
Zirovnice, Knopf- und Perlmuttmuseum

 

Mit den Menschen, die täglich unterwegs sind, wandern auch Dinge. Ob Fahrzeuge, Lebensmittel oder die Post, es ist ein reges Treiben. Was sich eher unbewusst mit den Menschen mitbewegt, ist deren Kleidung. Sie wandert am Körper getragen, im Koffer auf Reisen, im Einkaufssackerl oder im Umzugskarton. Das war auch schon vor 100 Jahren so. Die Geschichte dieser Objekte ist auch die Geschichte der Menschen, die mit ihnen in Kontakt gekommen sind. Sie sind damit wertvolle Zeitzeugen, die uns einiges über Mobilität und (Handels-)Beziehungen zwischen verschiedenen Orten, zwischen Stadt und Land, erzählen können.

Mobilität prägt Stadt und Land


Früher war – so wie auch heute – das ländliche und kleinstädtische Leben von Mobilität geprägt. Die im 19. Jahrhundert zu einer dynamischen Metropole wachsenden Städte Brünn, Prag, Preßburg und Wien übte mit ihren regen Verbindungen in ihr Umland und mit ihren Handelswegen großen Einfluss auf die Kultur der umliegenden Regionen aus. Neben der Kleidung, die die Menschen an oder bei sich trugen, wanderten auch Stoffe, Schnitte und Muster von Ort zu Ort. Damit setzte sich die Art der Bekleidung aus vielen regionalen, überregionalen und modischen Strömungen zusammen. Es gab nicht nur einfache alltägliche, sondern häufig bürgerlich-modische Gewänder, die sich an den zeitgenössischen städtischen Schnitten zu orientieren schienen.

Vom „Bandlkramerland“ bis ins „Mährische Manchester“


Das „Bandlkramerlandl“ ist eine historische Bezeichnung für die Textilregion um Waidhofen an der Thaya und Groß-Siegharts im Waldviertel. Seit dem 18. Jahrhundert gab es hier eine Webproduktion von Textilbändern für Wäsche, Kleidung und Gebrauchsgegenstände. Die hausindustrielle Produktion erfolgte durch die Landbevölkerung, deren zumeist gesamte Familie mitarbeitete. Durch das Bereitstellen von Rohstoffen und Webstühlen sowie die Beschäftigung von eigenständigen Hausierern als "Bandlträger" sicherten sich die "Bandlkramer" als Verleger ihre Position. Mit der Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Bandfertigung in größeren Textilfabriken.


In Brünn setzte gerade deshalb ein Boom in der Textilindustrie ein. Das brachte der Stadt die Bezeichnung „Mährisches Manchester“ ein. Es entstanden damals neue Textilfabriken mit Arbeitersiedlungen, besonders außerhalb der alten Stadtmauer. Diese Entwicklung setzte eigentlich bereits an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ein und war von einem starken gesellschaftlichen Wandel begleitet. Um 1860 hat die Textilproduktion ihre größte Konjunktur mit etwa 18.000 Arbeiterinnen und Arbeitern. Von hier aus lieferten einst fast 40 Textilunternehmen ihre Produkte in die Donaumonarchie und die ganze Welt. Die umfangreiche Textilproduktion war auch für die Entstehung neuer Branchen wie den Maschinenbau und die chemische Industrie verantwortlich. Der Wohlstand ließ städtetechnisch ganze Bezirke mit Boulevards, Parks und Villen in neuem Glanz erstrahlen.

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Die Places-to-be bieten nicht nur spannende Einblicke in die Entwicklungen der Gesellschaft, sondern unterstreichen die parallelen Modetrends in den Nachbarregionen. Wie auch heute nicht, kannten modische Trends in der Vergangenheit keine Länder- oder Sprachgrenzen -  was einem gefällt wird kopiert, angepasst und getragen.


Text: Ulrike Vitovec, Annina Forster und Fabio Gianesi

 


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