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Seuchen-Tracking im Mittelalter

AREAacz

Hl. Rochus mit aktuellem Mundschutz und historischer Pestbeule, Weißer Berg bei Prag

Man sieht nur, was man weiß“, – Goethes Satz eröffnet mir täglich neue Welten. Plötzlich sehe ich überall Cholerafriedhöfe, Pestsäulen und Eremiten-Höhlen.

An der Pestsäule von Drosendorf an der Thaya habe ich der Figur des Hl. Rochus genau aufs Bein geschaut. Er hebt das Gewand und zeigt auf seinen Oberschenkel, auf dem eine Pestbeule zu sehen ist. Damit warnt er die Menschen, sich ihm zu nähern. Er macht auf mittelalterliche Weise das, was im 21. Jahrhundert „Social Distance" und Corona-Tracking ist.

Der fromme Mann aus dem französischen Montpellier lebte im 14. Jahrhundert. Als die Pest-Epidemie zwischen 1346 und 1353 wütete, verschenkte er sein Vermögen, studierte Medizin und begab sich auf eine Wallfahrt nach Rom. Auf dem Weg dorthin widmete er sich immer wieder den Pestkranken. Auch ihn traf die Seuche. Er isolierte sich in einer Waldhütte, wobei ihn der Legende nach ein Hund mit Brot versorgte. Er starb nicht den „Schwarzen Tod“, sondern in Kriegswirren.

Nicht nur in seiner Heimatstadt Montpellier wird er verehrt. Allein in Italien tragen 3.000 Kirchen, 74 Orte und 36 Stadtteile größerer Städte den Namen des Heiliggesprochenen. In Südfrankreich und Nordspanien werden bis heute an Häusern die Buchstaben VSR Vive Saint Roche – geschrieben. Im mitteleuropäischen Raum finden wir Rochus gemeinsam mit anderen Pestheiligen wie Rosalia, Karl Borromäus auf barocken Pestsäulen dargestellt, die auch Dreifaltigkeitssäulen genannt werden.


Text: Mella Waldstein

 


Attribute (Erkennungszeichen) des Hl. Rochus:
Pestbeule am Oberschenkel, Hund, Salbendose

 

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