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Eine Brücke als Austellungsobjekt

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Die Thayabrücke in Hardegg stellte seit ihrer Erföffnung am 25. Oktober 1874 stellte eine der wichtigsten belebenden und wirtschaftsfördernden Maßnahmen in der Region im 19. Jahrhundert dar. Die Sperre der Grenze nach dem zweiten Weltkrieg hingegen war eine große Zäsur. Das Leben an der „toten“ Grenze bedeutete wirtschaftlichen Rückgang und brachte Abwanderung und Überalterung der Bevölkerung mit sich. Die nackte Brücke mit ihren rostigen Eisentraversen wurde zum Symbol für abgebrochene Beziehungen.

Man kann sich die Freude vorstellen, als die Brücke nach der Samtenen Revolution am 12. April 1990 wiedereröffnet und ein Austausch über die Grenze wieder möglich wurde! 2024 feierte sie ihren 150. Geburtstag. Quasi als Geschenk wurde ihre gemeinsame Denkmalschutzausweisung in Österreich und Tschechien präsentiert. 
 

Was diese Brücke alles zu erzählen hat! Einige ihrer Geschichten hat Christian Übl in einer Nachlese zusammengefasst, von den vielen Bestimmungen des Gasthauses bis hin zur Hochwassgefahr. Die begleitende Fotoausstellung geben wir hier gerne wieder.

 

Eine neue Brücke zum Nachbarn

Die Thayabrücke zwischen Hardegg und ČCížov wurde im September 1874 nach einem Jahr Bauzeit fertiggestellt und am 25. Oktober 1874 feierlich eröffnet. Die Freude war groß! Nach 258 Jahren gab es endlich wieder eine Brücke ins Nachbarland.

Die Burg Hardegg ist auf diesem Bild noch eine Ruine, der Wiederaufbau begann 1878.

 

Die Holzbrücke

Auf diesem Bild ist die Thayabrücke noch mit einer Holzkonstruktion versehen. Es handelt sich hierbei wohl um eines der ältesten Bilder der Brücke, es ist vermutlich schon vor 1880 entstanden. Der ursprüngliche Oberbau aus Holz musste bereits 1882 fast zur Gänze wieder erneuert werden.

Jäger am Thayaufer

Die Stahlkonstruktion wurde im Jahr 1885 gebaut, „um für lange Zeit Ruhe zu haben“, wie Pfarrer Anton Gierer in seiner Hardegger Chronik bemerkt.

Die Kosntruktion stammt von der renommierten Firma Ignaz Gridl aus Wien. Diese Firma hat auch die Eisenkonstruktion des Schönbrunner Palmenhauses und die eisernen Behälterglocken der vier Simmeringer Gasometer gebaut.

 

Blick auf die Brücke

Hoch über der Brücke befindet sich ein sehr bekannter Aussichtspunkt, dieser Ausblick ist gleich auf mehreren alten Ansichtskarten zu finden.

Auf der österreichischen Seite der Thaya sieht man unterhalb der Brücke deutlich den Gebäudekomplex der Perlmutterknopferzeugung Mathias Artmanns. Auffällig sind auch die Hardegger Felder im Hintergrund. Das tschechische Zollhaus fehlt auf diesem Bild, dieses wurde erst 1937 errichtet.

 

Nationalismus spaltet Europa

Im Jahr 1938 war der Übergang über die Thaya durch einen schweren eisernen Schranken versperrt.

Auf der Wiese neben der Thayabrücke in Tschechien sind deutlich Panzersperren zu sehen. Das Bild stammt vermutlich aus dem Herbst 1938, kurz vor der Annexion des Sudetenlandes durch das Deutsche Reich.

Gesperrte Brücke

Nach 1945 musste die deutsche Bevölkerung ihre Heimat verlassen. Die Brücke wurde geschlossen und auf tschechischer Seite wurden die Bretter entfernt. Das Überschreiten der Grenze war nicht mehr möglich.

Die Reformen des Jahres 1968 brachten keine Veränderung für Hardegg. Nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten kamen einige Flüchtlinge über die Thaya.

 

Brückenskelett

Auf der österreichischen Seite wurde schließlich auch der morsche Holzbelag entfernt. Man sieht deutlich: Der Rost nagt an der Eisenkonstruktion, die Brücke bietet ein trauriges Bild.

Für viele Besucherinnen und Besucher von Hardegg ist das Brückenskelett das Symbol für die abgebrochenen Beziehungen.

 

Die Hardegger Warte

Der Aussichtspavillon hoch über Hardegg wurde vom Österreichischen Touristenklub (ÖTK) errichtet. In Hardegg ist die Warte auch als „Luitgardenwarte“ bekannt. Benannt wurde sie nach der Frainer Gräfin Luitgarde von Stadnicky. Die feierliche Eröffnung des kreuzförmigen Baus erfolgte am 21. Juni 1885.

Durch die Lage im Sperrgebiet des Eisernen Vorhangs verfiel die Warte immer mehr und wurde schließlich völlig zerstört. Nach der Grenzöffnung wurde 1990 ein neues Bauwerk nach Vorbild des alten Pavillons errichtet.

 

1989 – Fall des Eisernen Vorhangs

Politischer Aufbruch im Osten: Im Mai beginnt Ungarn mit dem Abbau des Eisernen Vorhangs. Am 27. Juni 1989 wird dies mit einem offiziellen Akt des ungarischen Außenministers Gyula Horn und seinem österreichischen Amtskollegen Alois Mock besiegelt. Die Bilder von dem gemeinsamen Durchtrennen des Grenzzaunes gehen um die Welt und führen im Sommer zu einer Massenflucht aus Ostdeutschland.

Auch in Tschechien gibt es einen Umsturz: Proteste und Demonstrationen führen im November zur „Samtenen Revolution“.

 

Spontane Grenzöffnung

Am 26. Dezember 1989 ist es auch in Hardegg so weit! Was niemand mehr gewagt hat zu hoffen, ist plötzlich Wirklichkeit: Die Bewohnerinnen und Bewohner von Hardegg und dem benachbarten Čížov warten nicht auf die offizielle Grenzöffnung in Hardegg.

Von beiden Seiten strömen Menschen zur Brücke und balancieren über die rostigen Eisentraversen hinüber zum Nachbarn.

 

Neue Perspektiven

Der Weg über die Eisentraversen mag riskant erscheinen, doch der Drang nach drüben und die Freude über die Veränderung sind größer!

 

Die Brücke wird wieder geöffnet! 

Bereits am Jahresbeginn 1990 wird entschieden: Die Thayabrücke soll in Zukunft wieder für Fußgänger*innen und Radfahrerinnen geöffnet werden.

Mit den Bauarbeiten wird noch im Winter begonnen.

 

Der historische Moment

„Jedenfalls standen wir am 15. April des Jahres 1990, dem Ostersonntag, nachmittags vor der Brücke in Hardegg, kaum fähig zu begreifen, welche Stimmung sich hier unseren Augen bot. ...“

 

Ja zum grenzüberschreitenden Nationalpark

Juni 1995: Eine Radfahrt mit Umweltminister Martin Bartenstein von Retz nach Hardegg führt zum Zusammentreffen mit dem tschechischen Umweltminister František Benda auf der Thayabrücke in Hardegg und manifestiert die gemeinsame Idee eines grenzüberschreitenden Nationalparks.

Teilnehmer beim Treffen auf der Brücke: Umweltminister Benda (CZ), Dir. Rothröckl (NP Podyjí), NÖ Naturschutzlandesrat Wagner (Ö), Dr. Christian (Nationalparkplanung, Ö), Ch. Schrefel (Mitorganisator, Ö) und Umweltminister Bartenstein (Ö).

Text: Christian Übl, Nationalpark Thayatal

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