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Die Grenze im Gedächtnis

AREAacz

Geschichte an der Grenze

Wie wird Geschichte im Rahmen eines Gedenkortes bzw. eines grenzübergreifenden Projektes konstruiert?
Dieser spannenden Frage widmet sich Stephanie Hofbauer in ihrer Masterarbeit, die wir mit der folgenden Zusammenfassung hier vorstellen dürfen. 

Die Masterarbeit mit dem Titel „Die Grenze im Gedächtnis seit 1945 mit Fokus auf das Retzer Land und den Okres Znojmo“ aus dem Jahr 2024 besteht aus zwei Teilen: Teil A, „Gedenkorte entlang der österreichisch-tschechischen Grenze“, und Teil B, „Grenzübergreifende (Schul-)Projekte und Veranstaltungen zwischen den Regionen Südmährens und den Nachbarstädten Niederösterreichs“.
In beiden Abschnitten steht folgende Frage im Vordergrund: „Wie wird Geschichte im Rahmen eines Gedenkortes bzw. eines grenzübergreifenden Projektes konstruiert?“.

In diesem Zusammenhang stehen die Aufgaben der Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik. Gemäß der Definition nach Christoph Kühberger, einem Salzburger Geschichtsdidaktiker, kann Geschichte nicht „objektiv“ wiedergegeben werden, sondern sie wird stets aus der Sicht der Gegenwart rekonstruiert. Um die Rekonstruktion der Vergangenheit entlang der niederösterreichisch-südmährischen Grenze analysieren zu können, wurden Gedenkorte und Projekträume aufgesucht, die mit der Vertreibungsgeschichte oder mit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Zusammenhang stehen. Methodisch wurden die Orte mithilfe des Analysekatalogs nach Geschichtsdidaktiker Thomas Hellmuth untersucht. Die daraus resultierenden Ergebnisse wurden anschließend durch Fachliteratur ergänzt.

Was heißt das für uns heute?

Als Ergebnis dieser Arbeit sind folgende Erkenntnisse festzuhalten: Bezüglich der Darstellung historischer Ereignisse, wie etwa die Vertreibungsgeschichte, ist diese stets abhängig von der Wahl des Erzählbeginns und der Gewichtung inhaltlicher Teilaspekte, sodass historische Entwicklungen ausschließlich selektiv dargestellt werden können. Einen Zugang zu finden, der die Sicht aller Bevölkerungsschichten umfasst, ist nicht möglich. Jeder Gedenkort bedient sich eines Kommunikationsmodells. Dabei gibt es die Möglichkeit der „Einwegkommunikation“, die das Kommunizieren vom Sender / der Senderin zum Empfänger / zur Empfängerin beschreibt.

Als weiteres Kommunikationsmodell gilt die Schaffung von Möglichkeiten für das interaktive oder soziale Lernen. Da Kommunikation im Grenzraum auch beide Sprachgruppen ansprechen sollte, ist es für die grenzübergreifende Außenwirkung eines Museums oder Projekts essenziell wichtig, mehrsprachige Schilder aufzustellen und Führungen bzw. Präsentationen auf Deutsch und Tschechisch anzubieten. Um die historischen Hintergründe solcher Orte und Projekte an nachfolgende Generationen weiterzugeben, ist es notwendig, Themen wie die Vertreibungsgeschichte oder den Fall des Eisernen Vorhangs in Schulen zu besprechen, da Toponyme ehemaliger sudetendeutscher Ortschaften Jugendlichen weitgehend unbekannt sind und somit nicht in historischen Zusammenhang gebracht werden können. Diese Tatsache spricht für die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung von Gedächtniskultur im Rahmen zielgruppenorienterter Geschichtsdidaktik.

Text: Stephanie Hofbauer

 

Literatur:

Weiterführende Besuchstipps:

Terminaviso:

Der 28. NÖ Museumstag findet am 16. März 2025 in Retz statt.
Thematisch stehen die neue ICOM-Museumsdefinition und ihre Umsetzung in Regionalmuseen im Mittelpunkt.

Alle Informationen dazu finden Sie auf unserer Website