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♪ Die Familie Schrammel: Litschau, Wien und zurück ♪

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Ein altes Gruppenfoto zeigt mehrere Personen, einige mit Musikinstrumenten wie Geige und Gitarre. Darunter ein Etikett mit dem Titel „Die Schrammeln am ersten Wäschemmädelball beim Stelzhamer 1869“.

Dieser Beitrag ist Teil der digitalen Ausstellungsreihe ♪ Orte der Musik ♪:
Tauchen Sie ein und entdecken Sie, wie musikalisch die niederösterreichischen Sammlungen sind!

Denkt man an Litschau im Waldviertel, denkt man sehr rasch auch an das Wort "Schrammel", scheint es. Kein Wunder, sowohl das jährlich stattfindende Schrammel.Klang.Festival wie auch der Schrammelweg, eine mehrstündige Radtour rings um die nördlichste Stadt Österreichs, tragen diesen Namen. Doch woher rührt er, was bedeutet er, was verbirgt sich dahinter?

 

Der fünfte Teil unserer digitalen Ausstellungsreihe "Orte der Musik" verrät mehr: Wir begeben uns auf die Spuren der Familie Schrammel, erzählen von ihrem musikalischen Schaffen und dessen Wirkung auf die Nachwelt. Außerdem werfen wir einen Blick in die Sammlung an Schrammel-Objekten im Heimatmuseum Litschau.

 

Musikalische Wurzeln in Litschau und Wien

Eines gleich vorweg: Die berühmt gewordenen „Schrammelbrüder“ Johann (1850–1893) und Josef (1852–1895) waren gebürtige Wiener. Die Verbindung zu Litschau entstand über ihren Vater Kaspar (1811–1895), der in Litschau, genauer gesagt in Hörmanns 44, das Licht der Welt erblickte.
Ursprünglich gelernter Weber, trat er bereits als Jugendlicher mit seiner Klarinette bei Dorffesten auf. Ein paar Jahre nach dem Tod seiner ersten Ehefrau ließ er sich in Wien nieder und zwar im damaligen Vorort Neulerchenfeld, der heute zum 16. Bezirk Ottakring zählt.

Das Leben in Neulerchenfeld war geprägt von einer lebendigen Vergnügungs- und Volksmusikszene und war somit die perfekte Umgebung für Volksmusikant*innen: Kaspar Schrammel gründete ein kleines Orchester, mit dem er in den Wirtshäusern der Umgebung auftrat. Seine zweite Ehefrau Aloisia, geborene Ernst, war Volkssängerin. So wurden Johann und Josef in eine von Musik geprägte Familie geboren.

Der Vater erkannte schon früh das große musikalische Talent seiner Söhne und ermöglichte ihnen den Besuch des Wiener Konservatoriums. Diese Ausbildung war in Volksmusikkreisen eher unüblich und zudem mit großen finanziellen Herausforderungen verbunden.

„Picksüß“ mag auch der Kaiser

Die beiden Söhne erhielten Violinunterricht, gingen dann jedoch getrennte Wege: Johann als Orchestermusiker in Wiener Salon- und Theaterorchestern, Josef als Volksmusiker in Gaststätten und Heurigenlokalen. In den Jahren 1878/79 – das genaue Datum ist nicht bekannt – gründeten sie mit dem Kontragitarristen Anton Strohmayer ein Terzett.

Zunächst hießen sie „D’Nussdorfer“, da sie hauptsächlich in dem berühmten Weinort Nussdorf auftraten. Durch die Kombination von perfekter Spieltechnik mit im Volkstümlichen wurzelnder Musikalität hatten sie außerordentlich großen Erfolg. 1884 wurde das Terzett mit Georg Dänzer, dem damals unbestrittenen Meister des „picksüßen Hölzls“, wie die kleine G-Klarinette liebevoll genannt wurde, zum Quartett erweitert.

Neben Auftritten in Heurigen und Buschenschanken gaben die „Schrammeln“ auch rein konzertante Darbietungen und spielten auf den beliebten Bällen in ganz Wien und auch in den Salons der Adelsfamilien. Selbst Angehörige der Habsburgerfamilie wie Erzherzog Johann, Kronprinz Rudolf und Kaiser Franz Joseph I zählten zu ihren Bewunderern. Genauso erfuhren sie Anerkennung von zeitgenössischen Berufskollegen wie Johann Strauß und Johannes Brahms, die ihre Werke und Aufführungen zu schätzen wussten.

Ihre Popularität führte die Gruppe in die großen Städte der Donaumonarchie. Sogar die Weltausstellung in Chicago im Jahr 1893 stand am Tourneeplan des Schrammelquartetts, doch verhinderten Krankheiten der Musiker einen Auftritt.

Nicht nur als Musiker, sondern auch als Komponisten waren die Brüder Schrammel sehr talentiert: Das Werk, das sie der Nachwelt hinterließen, umfasst mehr als 250 Märsche, alle Arten von Polkas, Walzer, Tänze, Lieder und Couplets. Der Großteil dieser Stücke stammt von Johann Schrammel.

Die Nachwirkung der Schrammelbrüder

Die Verbindung zur Familie Schrammel wurde in Litschau immer gepflegt: So wurde im Rahmen des Schrammeljahres 1961/62 den Brüdern zu Ehren ein Denkmal am Stadtplatz errichtet. Die Einladung zur feierlichen Grundsteinlegung zeigt das Plakat und verrät, dass im Anschluss an den offiziellen Festakt, ein Strandfest am malerischen Herrensee gefeiert wurde.

Wenige Jahre später, 1973, nahm Otto Adamec, ein Regionalforscher, der für das NÖ Bildungs- und Heimatwerk (heute BhW Niederösterreich) tätig war, mit der Gemeinde Litschau Kontakt auf. Für einen Vortrag ersuchte er um Ansichtskarten und Fotokopien vom Schrammelbrunnen und den Gedenktafeln des Geburtshauses sowie der Schule in Litschau. Dies war der Anlass für die Gemeinde, den Forscher zu einem Vortrag einzuladen und den Bestand des Heimatmuseums vor Ort zu besichtigen.

Die Stadtgemeinde Litschau feierte im Jahr 2000 den 150. Geburtstag von Johann Schrammel. Die modernen Aspekte der sogenannten Schrammelmusik werden jedes Jahr beim Schrammel.Klang.Festival unter der künstlerischen Leitung und Intendanz von Zeno Stanek lebendig. Dieser musikalische Veranstaltungsreigen sieht einem besonderen Jahr entgegen, denn es feiert 2026 sein 20-jähriges Jubiläum unter dem Motto WÖD [Welt], wenn österreichische Weltmusik auf internationale, verwandte Musik aus aller Welt trifft.

 

Das Heimatmuseum Litschau: Ein Ort der (Schrammel-)Musik

Das Heimatmuseum Litschau ist ein relativ junges, doch mit einer weit zurückreichenden Geschichte: Der Litschauer Heimatforscher und Lehrer Karl Zimmel (+1927) bemühte sich bereits in der Zwischenkriegszeit um die Gründung eines Heimatmuseums. Doch erst 1972 wurde im Rahmen der 100-Jahr-Feier der Waldviertler Sparkasse ein kleines Museum errichtet. Dieses wurde in den folgenden Jahren beständig erweitert und in neue Räumlichkeiten verlagert. Die Eröffnung des neugestalteten Heimatmuseums fand am 25. Mai 1986 statt.

Heute sind im Heimatmuseum Litschau bäuerliche Wohnräume mit historischem Alltagszubehör sowie ein authentisches Klassenzimmer zu sehen. Fotografien dokumentieren die Stadtentwicklung.
Der berühmten Musikerfamilie Schrammel ist ein eigener Raum gewidmet: Notenblätter, Fotografien und Musikinstrumente lassen das Schaffen der großen Talente lebendig werden. Viele der Objekte stammen ursprünglich aus dem Bezirksmuseum Hernals und aus der Sammlung von Prof. Franz Zabusch, dem langjährigen Leiter dieser Institution. 

 

Text: Barbara Linke, Laura Puntigam

Weiterführende Links:

  • Das Heimatmuseum Litschau kann ohne Voranmeldung von Juni-September einmal wöchentlich besichtigt werden, gegen Voranmeldung gerne auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten.
  • Die Museumsobjekte zur Familie Schrammel finden Sie online im DIPkatalog.