28. NÖ Museumstag in Retz
Museum neu definiert. Im Dialog mit dem kulturellen Erbe
Die Aufgaben Sammeln, Bewahren, Dokumentieren, Ausstellen und Vermitteln haben sich lange nur auf materielle Kulturgüter bezogen. Inzwischen kümmern sich Museen aber auch um das immaterielle Erbe, also Bräuche, Erzählungen, Handwerkstraditionen und vieles mehr, das nicht „greifbar“ ist.
Auch die Art der Arbeit der Museen hat sich verändert: Sie sind viel stärker mit der Bevölkerung im Austausch, achten auf Nachhaltigkeit und Vielfalt in ihrem Angebot.
Die internationale ICOM-Museumsdefinition hat sich 2022 der veränderten Museumslandschaft angepasst und diese in der aktuellen Musumsdefinition berücksichtigt.
Was bedeuten die einzelnen Aspekte der neuen Museumsdefinition für die tägliche Arbeit, gerade in kleineren, oft ehrenamtlich geführten Regionalmuseen? Darum dreht sich die heurige Fachtagung am 16. März 2025 in Retz und bietet wertvolle Ideen zum "Mitnehmen" und "Angreifen".
Lebendiges Erbe: Das immaterielle Kulturerbe in der Praxis
Was haben der Montafoner Dialekt, das Sensenschmieden und der Umgang mit Lawinengefahr gemeinsam? Sie alle sind Teil des immateriellen Kulturerbes – lebendige Traditionen, die Identität stiften und von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ob mündlich überliefertes Wissen, Handwerkskünste oder gesellschaftliche Rituale – immaterielles Kulturerbe prägt das soziale Miteinander und stärkt nachhaltige Gemeinschaften. Seit der Ratifizierung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes im Jahr 2009 dokumentiert das österreichische Verzeichnis diese vielfältigen Traditionen und macht sie sichtbar.
Was bedeutet das in der Praxis? Wie beeinflusst die Anerkennung lokaler Traditionen das Selbstverständnis von Gemeinschaften? Welche Chancen bietet die Sichtbarmachung für eine nachhaltige Zukunft?
Die Österreichische UNESCO-Kommission ist mit der Erstellung und ständigen Betreuung des österreichische Verzeichnisses betraut. Martin Fritz, Generalsekretär der Österreichischen UNESCO-Kommission, erläutert das Bewerbungsverfahren und beleuchtet anhand aktueller Diskussionen die Bedeutung, Herausforderungen und Potenziale des immateriellen Kulturerbes als lebendiges Erbe in ständiger Weiterentwicklung.
Alles neu? Das Selbstverständnis der Museumswelt für morgen als vertrautes Terrain.
Mag.a Evelyn Kaindl-Ranzinger, KULTURQUIRL und Mitglied der Jury des Österreichischen Museumsgütesiegels, blickt zurück und nach vorn: Vielfalt und Facettenreichtum der Museumslandschaften der Welt stellen wohl die größte Herausforderung dar, wenn man versucht, Gemeinsames zu beschreiben oder gar Allgemeingültiges zu formulieren. Der Internationale Museumsrat als weltweite Mitgliederorganisation und ThinkTank der Museumswelt arbeitet seit nunmehr bald acht Jahrzehnten im Rahmen dieses Balanceaktes immer mit und für die gesamte Museumswelt.
Mit der Gründung von ICOM im Jahr 1946 wurde Museum erstmals allgemeingültig definiert. Seit 1986 verfügt die Museumswelt über akkordierte ethische Richtlinien. Und mit den gesellschaftlichen Wandlungsprozessen einhergehend ist laufend eine Adaptierung dieser Leitpapiere geschehen. Gerade jetzt sind wir wieder in einer solchen Phase, die anders als zuvor einen gravierenden Paradigmenwechsel mit sich bringt. Also: alles neu?
Aus der Sicht regionaler Museen wie der unseren hierzulande - in dieser Form ein europäisches Phänomen - erweist sich die Entwicklung als immense Chance. Blicken wir gemeinsam etwas näher: wie passen die „neuen“ Begrifflichkeiten, die Themen und Ziele zum Alltag eines regionalen, eines klein strukturierten, gar eines ehrenamtlich geführten Museums? Wieweit unterstützt die Arbeit damit bei der nachdrücklich geforderten gesellschaftlichen Wirksamkeit? Und welche unterstützenden Mechanismen habe wir in Österreich?
Die Blitzlichter: Beispiele aus regionalen Museen
Was bedeutet die Museumsdefinition für die praktische Arbeit, gerade in den vielen (hauptsächlich) ehrenamtlich geführten Regionalmuseen in ganz Österreich? Die Blitzlichter werfen genau darauf einen Blick und vermitteln Ideen und Inspiration für die ganze Museumsszene:
- Immaterielles Kulturerbe im Museum am Beispiel Blaudruck | Franz Pötscher, Büro für Museumskonzepte
- Mitmachen – aber wie? | Martin Krickl, Museum Lilienfeld
- Diversität: Gleiche Chancen für unterschiedliche Menschen | Melanie N. Lopin, Stadtmuseum Korneuburg
- Wir haben Stift und Block immer griffbereit – Barrierefreiheit beginnt schon bei der Begrüßung | Julia Schlager, Museum St. Peter an der Sperr, Wiener Neustadt
- Ein Museum ist per se nachhaltig! | Brigitte Temper-Samhaber, Museum Alte Textilfabrik, Weitra<
Factbox: NÖ Museumstag
Der Niederösterreichische Museumstag ist eine jährlich stattfindende, öffentlich zugängliche Fachtagung, organisiert vom Museumsmanagement Niederösterreich. Er widmet sich ausgewählten Themen der Museumspraxis in kompakter Form und bietet den den Teilnehmenden eine wichtige Plattform für das gegenseitige Kennenlernen und den Austausch innerhalb der Museumsgemeinschaft.
Die AREAacz war schon mehrmals Veranstaltungsort eines niederösterreichischen Museumstages:
- Niederösterreichisch-tschechischer Museumstag 2021 (online): Relevante Orten in der Region: Museen bewegen
- 18. NÖ Museumstag 2013, Niedersulz: Landwirtschaftliche Geräte in Museen – Holzschädlinge, Sammeln/Entsammeln, Ausstellen
- 14. NÖ Museumstag 2009, Eggenburg: Ent/sammeln
- 11. NÖ Museumstag 2006, Poysdorf: Licht im Museum
- 9. NÖ Museumstag, 2004, Horn: Wissen sammeln und bewahren
- 3. NÖ Museumkuchenverteilung 1996, Hollabrunn